Leistungskurs Chemie

 

C6: "Gestern hat's noch geklappt" oder: Es kann nur einen geben!

Versuch: Probieren wir es mal mit dem Chemie - LK!?

Beobachtung: Eine etwa 1,70 m große, menschenförmige, organische Verbindung mit hohem Hydratanteil, die sich teils wild gestikulierend und nach Untersuchungen im Polarimeter mit einem leichten Rechtsdrall durch den Kursraum bewegt.

Folgerung: DR. REINHOLD SCHULZ, stolzer Besitzer eines gut bestückten Weinkellers (wie so manche C6-ler zu spüren bekamen) und Motivationswunder aus Rottendorf. Daß C6 kein Spaziergang werden würde, wurde den meisten spätestens klar, als uns verkündet wurde, daß beim Schulz selten einer unter zwei vollgeschriebenen Ordnern wegkäme und wir besser daran täten, erst auf einem Schmierblatt mitzuschreiben und dann dies zu Hause sauber abzuschreiben, da bei langsamerem Tempo der Stoff unmöglich gründlich durchgenommen werden könne. Damit hatte Reinhold die Anfangseuphorie erfolgreich im Keime erstickt. Um schließlich das letzte Aufbäumen der Kollegiaten in nichts aufzulösen, bekamen wir von Anfang an gelernt, was es heißt, eine Doppelstunde Schulz absitzen zu müssen. Ein Durchschnitt von 2-5 DIN A4 Seiten, je nach Schrift des Schülers, waren letztendlich täglich Brot tür die tapferen Streiter des C6. Lustig wurde es erst, wenn Herr Schulz in der nächsten Stunde bemerkte, daß man hier und da eine Bemerkung oder einen ganzen Satz in das ohnehin dichtgedrängte Skript nachtragen sollte! So war es nicht verwunderlich, daß schon vor Unterrichtsschluß so mancher C6-ler mit unvollständigem Eintrag nervlich überbelastet aufgab. Hierbei galt es dann aber als selbstverständlich, das gesammelte, lückenlose (!) Wissen bis zur nächsten Stunde vorzubereiten und jederzeit zur Abfrage bereitzustehen, und zwar ohne Ausnahme. Nach dem Motto "Zuckerbrot und Peitsche" gestand uns Herr Schulz zwar anfänglich einen Joker zu, wandelte diesen aber schnell wieder in die Drohung um, jeden ohne Rücksicht, ob letztens abgefragt oder nicht, zur Abfrage zu bitten. Folglich wurden Exempel statuiert, um die angeblich schlechte Lerneinstellung zu verbessern. Wie man sich nun schwerlich vorstellen kann, verfolgte der Streß uns besonders in Schulaufgabenzeiten, da wir ja so faul gewesen wären und schon längst hätten lernen können, wie der Kursleiter sich das vorstellte. Auch die Facharbeiten hätte Herr Schulz am liebsten wohl schon im Herbst auf seinem Tisch liegen sehen.

Trotz all dieser Motivationskünste (man mag es kaum glauben), die denen eines Franz Beckenbauer ebenbürtig erscheinen, mußte C6 schon früh drei Verluste hinnehmen (Schüler: Timo Seibel, Michael Markert, Dirk Reichert) und auch der Ersatz Nanette Siebenlist versagte auf der Zielgeraden am Facharbeitshindernis. Böse Stimmen behaupten ja, die drei Abgänger seien aus Versuchen entstandenen Giften zum Opfer gefallen, die so manchem Schüler zum Bestätigen der Endprodukte unter die Nase gehalten wurden. Zum Thema Versuche sollte aber an unserer Schule kein Wort mehr verloren werden, da sich wohl jeder Schüler schon längst ein Bild von unserem Chaos gemacht haben dürfte. Einziger Kommentar: "Gestern hat's noch geklappt." Und im Notfall ist die ungenaue Ausrüstung daran schuld. Abschließend ist zu sagen, daß dies alles sich schlimmer anhört, als es in Wirklichkeit war (Schleim!). Ich persönlich habe sehr amüsante Stunden mit C6 verbracht, wenn auch zum Leidwesen von Herrn Schulz, weshalb ich auch öfters ohne Nachbarn in der letzten Bank saß. Doch im allgemeinen ist er sehr pflegeleicht und zutraulich, auch wenn man vielleicht manchmal die Abfragen, Benotungen und Schulaufgaben für seltsam und hart erklären könnte.

LK Chemie

So kann es durchaus passieren, daß man mitgeteilt bekommt, seine Noten wären wohl zu gut ausgefallen im letzten Semester, was Herr Schulz natürlich zu verändern vermag. Unseren Anfängern im nächsten Jahr kann ich nur raten: Behaltet euren Chemie- LK, schon alleine, um die umwerfende Gestik beim Aufzeigen von räumlichen Strukturen und den schnellsten Strukturformelschreiber der Schule zu sehen. Von uns noch einen herzlichen Dank für die Grillfete und dafür, daß Sie mit dem Vorurteil aufgeräumt haben, in der Schule würde man nichts fürs Leben lernen: Wir können schließlich jetzt alle Steno und außerdem Dauerwellen machen!

Matthias Freiwald (Co- Autor: Martin Simny)


Reaktionsweg einer C6-abhängigen exergonischen Reaktion

Die zwanzig Edukte für das zweijährige Experiment wurden mir im September 1995 übergeben. Das recht heterogene und anfänglich unbekannte Gemenge wurde zuerst, wie schon in alten Alchemie-Vorschriften dargelegt, fachgerecht einer Reinigungsprozedur in Form einer einfachen Filtration unterzogen. Der relativ schwache Rückstand (drei Edukte) wurde isoliert und dem Experimentator des nachfolgenden Jahrgangs zur Nachbearbeitung übergeben.

Wie viele Edukte chemischer Reaktionen waren auch die mir übergebenen zum Teil recht reaktionsträge und nur schwer in den angeregten Zustand zu überführen. Der Gaußschen Verteilung entsprechend gab es wenige mit geringem Antrieb, viele mit Normalenergie und einige mit überschießender Energie. Bei den letztgenannten bestand fast immer die Gefahr von unkontrollierten Reaktionen und Tendenzen zur Verselbständigung. Genauso wie eine Dämpfüng der letztgenannten fast unmöglich war, blieb auch eine Aktivierung der erstgenannten eigentlich erfolglos.

Die Innere Energie bei einigen der mir übergebenen Edukte war nur schwer auszumachen und in manchen Fällen auch total falsch kanalisiert, so daß sie allmählich in die gewünschte Richtung umgepolt werden mußte. Eine chemische Reaktion kann nur Arbeit leisten, wenn "freie Enthalpie" zur Verfügung steht. Die "freie Enthalpie" eines Schülers errechnet sich nach der Beziehung: Potentielle Energie minus Ablenkungsenergie (Disko, Fanfarenzug etc.) minus Verlustenergie (z.B. versäumte Stunden). Nur die Edukte, denen ausreichend "freie Enthalpie" zur Verfügung stand, konnten effektiv reagieren. In den wenigen Fällen zu geringer "freier Enthalpie" verlief die chemische Reaktion mit zu geringer Ausbeute. Wie bei vielen chemischen Reaktionen versuchten manche meiner Edukte im Verlauf der chemischen Reaktion eine Zunahme der Entropie (Unordnung) anzustreben. Durch entsprechende Wahl der Versuchsbedingungen konnte aber doch eine freiwillig verlaufende Reaktion unter Entropieabnahme (Ordnungsgewinn) sichergestellt werden.

Die Edukte wurden zur Reaktion gebracht, indem phasenweise auch milder Druck eingesetzt wurde, um die Reaktion gemäß dem Prinzip vom kleinsten Zwang in Richtung einer hohen Quantität und Qualität der Produkte zu lenken. Die bei der Reaktion erhaltenen Produkte glänzten zwar nicht alle, sie sind aber allesamt dem Experimentator ans Herz gewachsen: Eine Trennung von den Produkten ist zwar vorgeschrieben, fällt aber nicht leicht. Nach Umkristallisierung können aus allen Produkten noch markante und begehrte Reinstoffe werden, für die sich bestimmt Interessenten in der freien Marktwirtschaft finden werden. Dessen ist sich der Experimentator sicher. Alles Gute für die Zukunft, C6! (Dr. Schulz)


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